

Wie der Sängerkreis Gießen die Zukunft des Chorgesangs gestaltet:
Beim ersten Blick in unsere Kulturlandschaft und ganz besonders in das Genre „Chormusik“ hören und lesen wir immer wieder Berichte, in denen es um fehlende aktive Sängerinnen und Sänger geht, oder gar von der Auflösung ganzer Gesangvereine berichtet wird. Beim tieferen Blick hinter die Kulissen findet man meist keine gezielten und strategischen Unternehmungen, mit denen der Abwärtstrend hätte gestoppt werden können. Geschweige denn von Projektversuchen, mit denen man zeitgemäße Gesellschaftsziel in Verbindung, mit musikalischer Freude hätte kreieren können. Und in solchen Phasen, klagt es sich besser, anstatt immer mal wieder das Vereinsziel zu überprüfen und dem Zeitgeist entsprechend anzupassen.
Als 2020 auch noch das „Chor-Singen“ als intensiver “Spreader” für das Corona Virus ausfindig gemacht wurde, geriet der Chorgesang fast neben das gesellschaftliche Abstellgleis.
Auch die Steuerungsgremien von „Deutscher Chorverband“ (DV), „Hessischer Sängerbund“ (HSB) bis hin zu den „Sängerbünden“ auf den Kreisebenen taten sich in dieser komplizierten Zeit schwer, machbare Leitfäden ihren Vereinen und Chören an die Hand zu geben.
Als nun fast fünf Jahre später das „Singen“ nicht mehr verboten bzw. der Sicherheitsabstand von 1,50 m zwischen zwei singenden Menschen seine Gültigkeit verlor, hatten viele Ehemalige das Singen bereits ad acta gelegt.
Zum Glück aber rauften sich, engagierte Gesangverein Vorstände zusammen, um den Chorgesang wieder erklingen zu lassen. Vereinzelt gelang es sogar, den Chor von gestern wieder mit neuem Schwung auf den Bühnen erklingen zu lassen. Mancherorts wurden Fusionen gegründet, die noch vor 20 Jahren schier undenkbar waren. Hatte man doch in den siebziger bis neunziger Jahren nicht miteinander, sondern gegeneinander gesungen. Diese Events trugen bekanntlich den Namen „Wettstreit“ (streiten um die Wette). Selbst die in unserer Region weltweit bekannte Chororganisation „Interkultur“ konnte diese geprägte „Wettstreit-Kultur“ nicht heilen.
Erst ein „Runder Tisch“ gegründet in der JHV des Sängerkreises Gießen brachte in 2024 Vereinsvorstände aus dem SK-Gießen zusammen, die konstruktiv, vertrauensvoll und zielsuchend ihre Istzustände auf den Tisch legten. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse und Zielwünsche mündeten schließlich in einem Projektantrag, mit dem beim „Amateurmusikfons des BMCO“ ein Förderantrag für die aktuelle „Zukunftswerkstatt“ gestellt werden konnte.
Diese Zusammenfassung aus vielen Basis-Erkenntnissen, gespickt mit mutigen Schritten nach vorn, hat auch die Bundesjury überzeugt, dass hier in unserer mittelhessischen Region eine „Zukunftswerkstatt“ am rechten Platz der Förderung bedarf.
Den Auftakt machte jüngst der erste Workshop in der „Brandsburg“ von Alten Buseck. Die dabei anwesenden 20 Vertretungen heimischer Gesangvereine waren selbst erstaunt, welch kreative und interessante Projekte mancher Chor in der Nachbarschaft bereits erprobt und durchgeführt hatte. Immer mit dem Ziel, „Mitglieder gewinnen, einbinden und aktivieren“. Der Moderatorin und Workshopleiterin Alexandra Böckel, Geschäftsführerin des Freiwilligenzentrum Gießen, gelang es dabei schnell eine vertrauensvolle und offene Teamatmosphäre zu erzeugen, in der auch sie neue Anregungen, Machbarkeit und Impulse den Teilnehmern einbringen konnte. Für die künftige Kooperation und Weiterentwicklung neuer Ideen wurde bereits eine digitale Pinnwand eingerichtet.
Dass man mit diesen Themen echt ins Schwarze getroffen hat, zeigt die hohe Anmeldezahl von über 80 Personen aus der heimischen Chorszene. Von den insgesamt 125 zur Verfügung stehenden Schulungsplätzen in den sieben Workshops sind bereits 113 belegt! Beim Thema „Musikalische Impulse“ musste bereits eine Warteliste angelegt werden.
Insgesamt kommen die Teilnehmer aus 13 Vereinen des SK-Gießen sowie aus 11 Vereinen der Nachbar-Sängerbünde: „Hüttenberg Schiffenberg“, „Solms“, „Chattia“ und Ohmtal“.
Dass dieses Projekt im Gießener Sängerkreis keine Eintagsfliege ist, sondern es weitere Serviceleistungen zur Unterstützung seiner Mitgliedsvereine gibt, war zu erleben beim zuletzt stattgefundene Beratungssingen in der Heuchelheimer Martinskirche. Denn hier präsentierten die Chöre nicht nur ihre erlernten Chorstücke dem Berater, Dirigent und Chorexperten Gerd Zellmann, der dabei den Chorleitungen und Chören sehr verständliche und nachvollziehbar Optimierungsimpulse gab und diese in deren Lied-Partituren skizzierte. Damit die Chöre aber nicht nur den aktuellen Moment ihres „beratenden Auftritts“ erleben durften, wurden alle Chorauftritte in Bild und Ton erfasst.
Mit diesem neuen Service können nun die Chöre im Nachgang ihren Auftritt noch einmal sehen, hören und für ihre künftige Auftritte optimieren. Dieser neue Weg, der sehr stark vom Blick in die Zukunft, dem morgen machbaren und freudebringenden Chorgesang für die Zuhörerschaft geprägt ist, soll auch der aktiven Sängerschaft Spaß machen!
Weitere Infos und Anmeldemöglichkeiten in einem der Workshops unter:
E-Mail: zk-sk-giessen@gmx.de