Stefan Prange schloss Vortragsreihe des Oberhessischen Geschichtsverein ab
Wie schon im Vorjahr hatte der ebenso wie viele Besucher von Vorstandsmitglied Eva-Marie Felschow begrüßte Stefan Prange das letzte Wort in der Vortragsreihe des Oberhessischen Geschichtsvereins in diesem Winterhalbjahr. Felschow erinnerte daran, dass sich mit Pranges Vortrag über den Weg der hessischen Bauern in den 1890er-Jahren in den Antisemitismus der mit der Antiziganismusthematik begonnene Kreis über das Schicksal von Minderheiten schließe.
Prange stellte zunächst klar, dass die kleinen Subsistenzwirtschaften keine Alternative hatten , da nicht zuletzt durch die Grundlastenablösung die Bauern ohne Kapital waren.
Auch habe die Arbeit in der Industrie gerade einmal einen Tageslohn von 1,50 Mark erbracht, was dem Preis von einem Kilogramm Rindfleisch oder 1/150 einer Kuh entsprach. Viehhändler seien sehr häufig Juden gewesen, wobei es keine genaue Regularien gegeben habe, um den Wert des Viehs zu ermitteln ,so dass der äußere Eindruck den Ausschlag gab .Ausführlich ging der Referent auf das Thema “Wucher” ein .Der war zwar in der Bibel verboten, wurde aber lediglich mit Kirchenstrafen geahndet ,was natürlich Juden nicht betraf. So gelangten Menschen jüdischen Glaubens schnell in den Ruf, “Exekutoren der Ausplünderung der Unterschichten” zu sein. Allerdings sei es nicht so gewesen, dass der Viehhändler als gerissener Profi auf den Bauern als reinen Tor getroffen sei, unterstrich Prange.
Entscheidenden Einfluss auf die zunehmende Radikalisierung gewann das Wetter, das mit extremer Trockenheit dafür sorgte, dass kein Gras mehr wuchs. Dies führte zu Mangelernährung des Rinderbestands: “Die Rinder gingen hungrig ins Frühjahr “,was deren Wert drastisch verfallen ließ .”Wildes Schlachten” auf dem Hof ließ Rindfleisch auf ein Viertel des Wertes sinken .Folge war einerseits die Auflösung der wirtschaftlichen Symbiose, andererseits die Radikalisierung des judenfeindlichen Denkens bis hin zum rassistisch begründeten Antisemitismus.
Weiter ging Prange durch Analyse von Wahlen und deren Ergebnis auf den in Oberhessen mit seiner Hetze sehr erfolgreichen Otto Böckel ein. Ursprünglich ein Romantiker auf den Spuren der Brüder Grimm , “der die deutsche Seele im Dörflichen suchte” und hessische Volkslieder sammelte ,wurde er zu einem sehr erfolgreichen Vertreter antisemitischer Hetze .Die von Prange angekündigte saftige Geschichte” machte Böckel nicht gerade sympathischer. Differenzierter urteilte der SPD-Abgeordnete Ulrich: “Der Fehler liegt nicht in der Rasse, nicht in der Religion, sondern im Kapitalismus”. Ein wichtiger Vortrag mit reichem Beifall für den Referenten.
Dr. Hans-Wolfgang Steffek M.A.