Die Klage gegen den Neubau der B49 als Umgehungsstraße südlich um Reiskirchen und Lindenstruth steckt in formalen Anfangsschwierigkeiten. Die Klägergemeinschaft, bestehend aus den fünf hauptbetroffenen Landwirt*innen, einer Betreuungseinrichtung in Lindenstruth direkt an der zukünftigen Trasse und mehreren Anwohner*innen, fühlt sich vom Gericht durch einen künstlich hochgerechneten Streitwert schikaniert, der zu immensen Gerichts- und Anwaltskosten führen würde. Außerdem hadern sie mit der seit einigen Wochen neu zuständigen Richterin am Hessischen Verwaltungsgerichtshof, die in ihrer Zeit am Verwaltungsgericht Gießen sowohl am Beschluss gegen den Verkehrsversuch auf dem Anlagenring als auch an Beschlüssen gegen geplante Protestversammlungen am Dannenröder Wald beteiligt war. „Aus unserer Sicht hat die Richterin Melina Hofmann schon in der Vergangenheit gezeigt, auf der Seite der Auto- und Straßenbaulobby zu stehen“, heißt es aus den Reihen der Kläger*innen. Daher sei ihr jetziger Umgang mit dem Verfahren zum B49-Neubau zwar nicht überraschend, würde die Vorbehalte aber bestätigen. Das Gericht hatte, noch vor Übernahme der Zuständigkeit durch die ehemals in Gießen tätige Richterin den Streitwert auf die ungewöhnliche hohe Summe von 405.000 Euro festgelegt. Die Kläger*innen mussten deshalb sofort 13.228 Euro als Vorschuss an das Gericht überweisen. Der Trick des Gerichts: Obwohl alle Kläger*innen genau das gleiche Ziel verfolgen und dieselben Anträge stellten, damit also offensichtlich eine Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO darstellen, wurden ihre Klagen in Einzelklagen zerlegt und für jede einzelne Klage ein Streitwert von einigen Hundert bis in sechs Fällen satte 60.000 Euro festgelegt – addiert eben die 405.000 Euro. Eine ausführliche Gegendarstellung der Kläger*innen mit umfangreicher Begründung wurde nun von Richterin Hofmann zurückgewiesen – und das recht barsch, finden die Kläger*innen: „Die Richterin ist auf unsere Argumente gar nicht eingegangen, sondern hat einfach nur pauschal behauptet, dass alles richtig eingestuft worden wäre.“ Deshalb reichten die Kläger*innen nun einen Befangenheitsantrag ein. In ihrer persönlichen Stellungnahme bestätigte die Richterin inzwischen ihre Beteiligung an den kritisierten Gießener Entscheidungen.
Die juristischen Scharmützel scheinen die inhaltlichen Fragen zurzeit zu verdrängen. Bei der Klage geht es darum, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Planfeststellung für den B49-Neubau um Reiskirchen und Lindenstruth auf komplett falschen Zahlen beruht – und das den Behörden auch bekannt war. „Hier wurde ganz absichtlich gefälscht und geschummelt“, sagen die Kläger*innen. „Für eine Straße, deren Bedarf mehr als fragwürdig ist und dessen Kosten-Nutzen-Analyse mit gefakten Verkehrsprognosen manipuliert wurde, sollen wertvolle landwirtschaftliche Flächen und geschützte Arten weichen, Betriebe gefährdet, Anwohner*innen, Erholungssuchende und die nahe Grundschule belästigt werden.“ Das dürfe zu einem Zeitpunkt, an dem die Katastrophen infolge des Klimawandels längst auch das lange verschonte Deutschland erreicht haben, so nicht mehr geschehen. „Schon die Planung beruht auf Fälschungen und Tricks. Schlimm wäre es, wenn das vor Gericht so weitergehe“, begründen die Kläger*innen ihre Kritik am Verwaltungsgerichtshof und erinnerten daran, dass ein anderer, noch hochrangigerer Richter desselben Gerichts Klimaschützer*innen öffentlich als „Politchaoten“ beschimpft hatte, denen es gar nicht um Klimaschutz gehe. Offenbar sei die Autofreundlichkeit an Verwaltungsgerichten kein Einzelfall.
https://b49.siehe.website