Nun ist eingetreten, was sich in den letzten Monaten immer stärker abgezeichnet hat. Der amerikanische Online-Möbelhändler Wayfair gibt sein Geschäft in Deutschland und auch in anderen europäischen Märkten auf. Eigentlich sollte das Licher Logistikzentrum ein zentraler Umschlagplatz für das Geschäft werden. Dies ist nun Vergangenheit.
Was passiert mit diesem Klotz am Rande unserer schönen Stadt? Diese Frage stellen sich nicht nur wir als BfL sondern viele engagierte Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Was denken nun die Befürworter dieses Logistikzentrums?
Es lohnt hier ein kurzer Rückblick in die Historie.
Am 10.April 2019 wurde in der Stadtverordnetenversammlung der erneute Entwurfs- und Offenlagebeschluss für den Bebauungsplan Nr.32 „Langsdorfer Höhe‘ in der Kernstadt mit 32 Ja-Stimmen und 2 Nein-Stimmen beschlossen.
Ein erster Leserbrief erschien am 2. Mai 2019 im Licher Wochenblatt, der die Sinnhaftigkeit eines solchen Projektes in Frage stellte.
Daraufhin entwickelte sich ein in Lich noch nie dagewesener Bürgerprotest gegen eine politische Entscheidung. Die Abgabe von 2.130 Unterschriften gegen dieses Bauvorhaben erfolgte Mitte August 2019 an den Magistrat der Stadt Lich.
Eine Bürgerversammlung fand am 28. August statt und brachte keine Änderung seitens der Entscheidungsträger.
In einem Schweigemarsch Anfang September 2019 mit über 1.000 Teilnehmern, der dann am Kirchenplatz endete, wurde noch einmal von Rednern die Unsinnigkeit dieses Bauvorhabens dargelegt. Auf die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens wurde hingewiesen.
Trotz all dieser Proteste und der Möglichkeit, vor einer politischen Entscheidung ein Bürgerbegehren zu initialisieren, folgte die entscheidende Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 25. September 2019.
Mit einem Votum von 18 Ja-Stimmen, 8 Nein- Stimmen und 6 Stimmenthaltungen wurde der Beschluss gefasst. Komplette Zustimmung kam von den Fraktionen der CDU und FW und auch Stadtverordnete der SPD votierten dafür.
Die Bürgerproteste und auch die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens wurden ignoriert.
Ein viel zu spät entwickelter und handwerklich schlecht gemachter Städtebaulicher Vertrag wurde erst am 19.Februar 2020 in der Stadtverordnetenversammlung mit 17 Ja-Stimmen beschlossen. Auch hier waren die Befürworter auf Seiten der CDU, FW und Teile der SPD. Die Gegenstimmen kamen von den übrigen Parteien, da dieser Städtebauliche Vertrag keine wesentliche Verbesserung durch Auflagen für dieses Bauvorhaben ergab.
Welche Schlüsse gibt es nun daraus zu ziehen.
Der Klotz steht jetzt dort. Wir verlieren mit Wayfair einen Mieter mit sehr wenigen Fahrzeugbewegungen. Nach dem Bau bestanden immer wieder die Bedenken seitens der BfL bzgl. des Verkehrs. Was kommt nun?
Es steht dort eine riesige Logistikhalle mit über 200 Andockstationen für LKW/PKW. Die Bauleitplanung war auf ein Logistikzentrum ausgerichtet. Inwieweit jetzt hier ein produzierendes Gewerbe einzieht oder vielleicht Unternehmen mit Verwaltungstätigkeiten oder Firmen, die ‚nur‘ Lagerflächen suchen mit wenig Verkehrsbewegung, bleibt abzuwarten.
Mit Gewerbesteuern ist bis auf weiteres nicht zu rechnen, mit Arbeitsplätzen für Licher Bürgerinnen und Bürger ebenso wenig. Der Städtebauliche Vertrag gilt nur für den Erstmieter. Die wenigen im Vertrag zugesagten Einschränkungen, zum Beispiel hinsichtlich der maximalen Verkehrsbewegungen, gelten nicht für die Anschlussnutzung.
Für Nutzungsänderungen müssten Beschlüsse seitens der Städtisches Gremien gefasst werden. Hier gilt es dann sehr genau hinzuschauen.
Nur soviel steht fest. Wenn der Nachmieter ein ‚richtiger‘ Logistiker wird, ist davon auszugehen, dass auch Stadtteile vermehrt von Fahrten betroffen sind.
Die BfL zieht daraus das folgende Fazit.
Das riesige Gelände wurde für einen zu geringen Preis mit Verlusten für die Stadt verkauft, die erwartenden Steuereinnahmen kamen nicht. Die erhofften mehr als 500 Arbeitsplätze wurden nie erreicht. Auch der erhoffte Zuzug von Menschen nach Lich ist nie eingetreten.
Wir haben eine große Gewerbe/Industriefläche verloren, auf die langfristig und nachhaltig Gewerbe hätte angesiedelt werden können. Stattdessen hat sich unsere Stadt ein Problem mit dem Ausweisen von entsprechenden lukrativen Flächen geschaffen.
„Wir appellieren eindringlich an den Willen aller“, so Burkhard Neumann, Vorsitzender der Wählergruppe BfL, „für zukünftige Projekte mehr Vorsicht walten zu lassen, insbesondere für eine etwaige Entwicklung eines autobahnnahen Gewerbegebietes in Eberstadt.“