Albert Mehl sprach vor Rekordkulisse im Geschichtsverein
Es klingt wie ein Märchen, was dem Gießener Vorortverein TV Lützellinden geschah, eine Erfolgsbilanz, die im deutschen Frauenhandball nie für möglich gehalten und bis heute nicht übertroffen wurde. Wie Albert Mehl (Pohlheim) im ersten Vortrag des Oberhessischen Geschichtsverein 2025 den in unerwartet großer Zahl erschienenen Gästen bei seiner Untersuchung über Aufstieg und Fall der Handballerinnen berichten musste, war das Ende alles andere als märchenhaft. Der Vorsitzende des Geschichtsvereins Dr. Michael Breitbach, selbst als Basketballer mit dem MTV 1846 sehr erfolgreich, bezeichnete den Sportjournalisten Mehl als einen Kenner der Materie und fast schon als Teil der Mannschaft aus Handball spielenden Frauen. Besonders erfreut zeigte er sich über die zahlreich vertretenen ehemaligen Spielerinnen. Sich mit dem TV Lützellinden zu befassen heiße auch ,dass Mehl die prägende Trainerfigur Dr. Hans Jürgen Gerlach kritisch würdige. Dies tat der Referent auch und stellte klar, dass der überaus erfolgreiche Trainer zwei extrem unterschiedliche Seiten besessen habe und damit an Poes Dr. Jekyll and Mr. Hide erinnere. Fakt sei, dass der TV Lützellinden unter der Ägide des Oberhessen scheinbar für die “Ewigkeit” bestimmte Erfolge verzeichnete, aber trotz erheblicher, letztlich ihn und den Verein ruinierender privater Mittel auch für den Abstieg und die Auflösung des leuchtenden Sterns am Frauenhandballhimmel verantwortlich zeichne.
Mehl verstand es hervorragend, die Achterbahnfahrt der Spielerinnen des TV Lützellinden in den Zeitgeist einzuordnen. Ein Trainer, der es schaffte, fast ein ganzes Dorf für den Handball zu gewinnen, habe erlebt, dass sich in der Politik ein Wandel vollzog, der mit den Worten glasnost und perestroika einherging. Ein Mann wie Doc Gerlach, dessen Macht auf totaler Autorität beruhte , sei in gewisser Weise aus der Zeit gefallen. Mehl räumte auch auf mit falschen Vorstellungen wie der, dass Gerlach nur mit Handballfrauen, nicht aber mit Männern Erfolge gehabt habe. Der Weg vom Dorfverein zum international besetzten Starensemble, dessen Erfolge jederzeit nachzulesen seien , habe kein gutes Ende genommen . Ob diese Triumphe etwas für die Ewigkeit seien, bleibe offen. Mehls Vortrag wurde mit viel Beifall aufgenommen und regte eine intensive Diskussion an.
Dr. Hans-Wolfgang Steffek M.A.