Gießen – Anlässlich des 65. Geburtstags der Lebenshilfe Gießen stattete Ulla Schmidt, ehemalige Bundesministerin und seit 12 Jahren Bundesvorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe, der Stadt an der Lahn ihren Besuch ab. Begleitet von Maren Müller-Erichsen, der Aufsichtsratsvorsitzenden der Lebenshilfe Gießen, und Dirk Oßwald (Vorstand Lebenshilfe Gießen) erkundete Schmidt verschiedene Standorte und betonte erneut ihre Unterstützung und Engagement für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in ganz Deutschland.
Die Tour begann im Kompetenzzentrum berufliche Bildung in der Siemensstraße, wo Schmidt von Janna Rhiel (stellvertretende Bereichsleitung Arbeit und Bildung) und Carolin Balser (Bildungsbegleiterin im Kompetenzzentrum) durch die Räumlichkeiten geführt wurde. Schmidt zeigte großes Interesse an den Konzepten zur Förderung von Menschen mit Beeinträchtigungen und lobte die intensive Zusammenarbeit des Kompetenzzentrums mit externen Unternehmen. „Die Überwindung von Vorurteilen ist ein fortwährender Prozess“, erklärte Schmidt und betonte – bei allen Erfolgen der Inklusion – die Wichtigkeit der Arbeit innerhalb des Berufsbildungsbereichs: „Ich bin mir sicher, dass es immer auch einen sozialen Arbeitsmarkt brauchen wird, da es immer Menschen geben wird, die vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage sein werden, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zurechtzufinden.“ Entsprechend wichtig sei auch die Tätigkeit im Kompetenzzentrum, das sich bemüht, für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Arbeitsplatz zu finden, der in der aktuellen Lebenslage zu ihnen passt – ob auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, in der Werkstatt oder an anderer Stelle.
Während des Besuchs tauschte sich Schmidt auch mit Mitarbeitenden mit Behinderung oder chronisch-psychischen Erkrankungen aus. Philipp Noack, ein Mitarbeiter im Team der Hauswirtschaft, berichtete von seinen Erfahrungen bei Praktika in externen Betrieben, aber auch von seiner Tätigkeit in der Siemensstraße.
Vom Kompetenzzentrum ging es in einem VW Käfer 1302 L (Bj. 1971), einem Hauptpreis der 30. Oldtimerspendenaktion der Lebenshilfe Gießen, weiter zur Wohnstätte in der Rödgener Straße, welche Menschen mit autistischer Spektrum-Störung ein modernes und auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittenes Zuhause bietet. Sophia Mkheidze, stellvertretende Bereichsleitung Wohnen, sowie Carolin Pengel (Pädagogische Fachkraft) informierten Schmidt über die speziellen Herausforderungen der Pflege und Betreuung in der Einrichtung. „Für viele ist unser Angebot die einzige und letzte Alternative zur geschlossenen Psychiatrie“, erklärte Mkheidze. „Wir setzen uns dafür ein, unseren Bewohnern ein würdevolles Zuhause bieten zu können.“ Die Einrichtung in der Rödgener Straße sei nur eine von wenigen spezialisierten im ganzen Land, die Warteliste und Zahl der Interessenten aus der gesamten Bundesrepublik sei lang.
Dirk Oßwald, Vorstand der Lebenshilfe Gießen, stellte ein innovatives Personalmodell vor, das auch der besuchten Wohnstätte zugutekommt: Dieses ermöglicht es, flexibel auf Personalengpässe zu reagieren. „Dieses Projekt hat uns überrascht – positiv. Vor allem die Resonanz der teilnehmenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die als Springer in verschiedenen Einrichtungen tätig sind, aber auch unsere Einrichtungen profitieren natürlich stark von diesem Modell“, sagte Oßwald.
Beim vorletzten Stopp ihrer Besuchstour machte Schmidt Halt in der Autohalle der Gießener Oldtimerspendenaktion. Reinhard Schade, Gründer der Spendenaktion, und seine Mitarbeiterin Tina Gorschlüter stellten Schmidt einige der gespendeten Old- und Youngtimer vor, die auch Hauptpreise der laufenden 30. Oldtimerspendenaktion sind, die bis Januar 2025 andauert. Die Bundesvorsitzende ließ es sich dabei nicht nehmen, in einen Fiat Neckar 1100 von 1968, einzusteigen und das besondere Innenfeeling zu bestaunen.
Der Besuch endete an der Sophie-Scholl-Schule Gießen, die zur Lebenshilfe gehört. Hier nahm Ulla Schmidt an einem abschließenden Mittagessen teil und resümierte den Tag: „Die Lebenshilfe Gießen setzt Maßstäbe in der Inklusionsarbeit. Ihr unermüdlicher Einsatz zeigt, wie wichtig Engagement und Herzblut in dieser Arbeit sind.“