Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat einen sechsjährigen Rechtsstreit beendet und stellt klar: Kommunen müssen das illegale Gehwegparken ahnden, wenn zu wenig Platz für Fußgänger bleibt! Geklagt hatte eine Bürgerinitiative gegen die Stadt Bremen. Der Kreisverband Gießen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) begrüßt das Urteil als lange überfällig und fordert alle Städte und Gemeinden auch im Landkreis Gießen auf, dem nun nachzukommen und zu handeln.
Auch wenn es viele offenbar als Gewohnheitsrecht sehen: Parkende Autos haben auf Gehwegen grundsätzlich nichts verloren. Dies hat das BVerwG nun letztinstanzlich bestätigt. Denn zwar wurde das Gehwegparken jahrelang nicht ausreichend geahndet – doch das bedeutet keineswegs, dass es legal wäre. Parkende Autos, die den Gehweg verengen, sind für Menschen mit Kindern, mit Rollatoren oder Rollstühlen eine schwerwiegende Einschränkung.
Dietmar Jürgens, Vorstandsmitglied im VCD Gießen: „Auch bei uns im Gießener Land ist das Gehwegparken selbst dort, wo es nicht durch Beschilderung und Markierung ausdrücklich zugelassen ist, leider Normalität. Aktuelle Beispiele fanden wir ohne langes Suchen in Allendorf, Biebertal, Buseck, Gießen, Langgöns, Linden, Rabenau und Wettenberg.“ Keine Seltenheit, aber doch ein besonders „drastischer Fall“ sei die Kreuzung Hofburgstraße / Troher Straße in Alten-Buseck. „Die Kreuzung wurde vor wenigen Jahren barrierefrei ausgebaut“, so Jürgens. „Die in den Gehweg eingelassenen weißen taktilen Leitelemente sollen Sehbehinderte zu den neu geschaffenen Querungsstellen führen. Doch seit Jahren wird auf diesen Streifen geparkt. Selbst Anzeigen von Privatpersonen haben zu keiner Änderung geführt. Das zuständige Ordnungsamt kommt hier seinen gesetzlichen Aufgaben nicht nach.“ Rechtlich ein klarer Fall: Kfz, die derart behindernd geparkt werden, dürften und müssten unmittelbar abgeschleppt werden.
Auch in Linden parken die Autos zu oft auf den Gehwegen. Dabei ist häufig wegen verblasster Markierungen auch unklar, ob das Gehwegparken noch erlaubt ist oder doch verboten. Hier mahnt der VCD, Parkmarkierungen regelmäßig zu erneuern, damit klar ist, welche Regelung gilt.
Selbst wenn – wie in Wettenberg auf der Wetzlarer Straße – das Parken auf der Fahrbahn klar vorgegeben ist, so parken dort dennoch immer wieder PKW halb auf dem Gehweg und behindern Menschen, die hier zu Fuß oder mit Rollator z. B. zu den Geschäften in der Hauptstraße unterwegs sind. Das Ordnungsamt bleibe untätig, obwohl doch anzunehmen sei, dass dessen Beschäftigte auf dem Weg zum Rathaus täglich daran vorbeikommen.
„Wir fordern alle Kommunen auf, nun unverzüglich die Straßenverkehrsordnung durchzusetzen, wie vom Bundesverwaltungsgericht vorgegeben. Die Rücksichtnahme gegenüber den Falschparkern geht insbesondere zu Lasten der schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer und muss ein Ende haben“, so der VCD. Hingegen wäre es unzulässig, das bisher geduldete Gehwegparken einfach zu „legalisieren“, denn das Parken auf Gehwegen dürfen die kommunalen Straßenverkehrsbehörden nur erlauben, wenn und soweit die Restbreite des Gehwegs den Begegnungsverkehr von Rollstühlen, Rollatoren, Kinderwagen und Menschen mit Gepäck in beide Richtungen erlaubt.
Entsprechend wurden Kommunen wie Fernwald, Pohlheim und Buseck jüngst auch schon bei Verkehrsschauen ermahnt, dass sie das Gehwegparken reduzieren und durch Markierungen sicherstellen müssen, dass nicht zu weit auf dem Gehweg geparkt wird. Positiv hebt der VCD die Neuregelung des Parkens in Obergasse und Schmittgraben in Langgöns hervor, wo die PKW nun auf der Fahrbahn parken, was nicht nur denen nützt, die zu Fuß unterwegs sind, sondern auch eine wirksame Temporeduzierung gegen zu hohe Kfz-Geschwindigkeiten in den schmalen Straßen zur Folge hat.
Zum Hintergrund:
- Auszug aus der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern ggf. mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt“ (VWV-StVO zu Zeichen 315 Parken auf Gehwegen).
- Die Entscheidung des BVerwG finden Sie hier.