Für Nachbarschaftshilfe kann es eine Aufwandsentschädigung geben

Den monatlichen Pflege-Entlastungsbetrag von 125 Euro nutzen

Schon kleinere Arbeiten im Haushalt können ältere Menschen überfordern: etwa die Matratze, die bezogen, die schwere Einkaufstasche, die eine Treppe hochgetragen und die Wohnung, die mal durchgewischt werden muss. Nicht jeder hat Kinder in der Nähe, die helfen können, oder Freunde, die noch fit sind.

Ab Pflegegrad 1 haben pflegebedürftige Menschen Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro von ihrer Pflegekasse für Unterstützung im Alltag. Dieser Betrag steht zusätzlich zu anderen Leistungen der Pflegeversicherung zur Verfügung. Für die Unterstützung im Alltag kann ein professioneller Dienstleister engagiert werden. „Vor allem hauswirtschaftliche Unterstützung, sei es beim Putzen der Wohnung, der Reinigung der Wäsche oder dem wöchentlichen Einkauf, ist leider oft nicht von professionellen Dienstleistern zu bekommen“, berichtet Christina Keißner, Beraterin der BeKo. „Das Personal ist zu knapp. Viele pflegebedürftige Personen sind deshalb auf die Hilfe von Nachbarn und Freunden angewiesen.“

Pflegebedürftige Menschen, die zu Hause leben, werden häufig von ihrem privaten Umfeld ehrenamtlich unterstützt. Nachbarn oder Freunde übernehmen z.B. Einkäufe und Besorgungen oder unterstützen bei den Arbeiten im Haushalt. Seit der Corona-Pandemie können qualifizierte Nachbarschaftshelfer unter bestimmten Voraussetzungen über den Entlastungsbetrag eine Aufwandsentschädigung erhalten.

„Dafür müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein“, erläutert Nils Freitag, Berater des Pflegestützpunktes. „Solche Nachbarschaftshelfer benötigen eine Anerkennung des Landkreises Gießen als zuständige Behörde. Dafür muss ein Erste-Hilfe-Kurs nachgewiesen werden, der nicht länger als drei Jahre zurückliegen darf oder eine entsprechende berufliche Qualifikation, beispielsweise Pflegekraft. Darüber hinaus dürfen Helfer mit der pflegebedürftigen Person nicht bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sein, und es darf sich auch nicht um Haushaltsangehörige handeln. Ein anerkannter Helfer darf für bis zu drei Personen unterstützend tätig sein.“

Nach der Definition des Gesetzgebers handelt es sich um ein Ehrenamt, für das eine Aufwandsentschädigung vorgesehen ist. Für die Aufwandsentschädigung dient ein Stundensatz unter dem gesetzlichen Mindestlohn (12,41 €) als Orientierung.

Wichtig zu wissen: Die 125 Euro werden nicht ausgezahlt. Ausgaben für Nachbarschaftshelfer müssen vorgestreckt und die Rechnungen zur Erstattung bei der Pflegekasse eingereicht werden. Gartenarbeiten können nach den Regelungen in Hessen (jedes Bundesland handhabt die Entlastungshilfe anders) nicht über die 125 Euro abgerechnet werden.

„Nachbarschaftshilfe ist ein echtes Zukunftsthema. Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen im Schnitt immer älter werden und die zunehmend von einem Fachkräftemangel auch in der Pflege betroffen sein werden. Niedrigschwellige Hilfe und Unterstützung im Rahmen der Nachbarschaftshilfe, wie etwa Essen kochen, Botengänge oder Einkaufen gehen, können dazu beitragen, dass ältere Menschen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können, Einsamkeit entgegenwirken und die Lebensqualität erhöhen“, betont Daniela Poppe, Koordinatorin und Beraterin der BeKo. „Die notwendige behördliche Anerkennung ist dabei eine gewisse Hürde, aber soweit möglich unterstützen wir dabei diese zu nehmen.“

Bei Fragen und für weitere Informationen können Sie sich gerne bei der BeKo oder dem Pflegestützpunkt melden. Beide Beratungsstellen befinden sich in der Kleinen Mühlgasse 8 in Gießen (Nähe Neustädter Tor). Sie erreichen die BeKo unter 0641 – 979 00 90, den Pflegestützpunkt unter 0641 – 480 11 720. Zu den offenen Sprechzeiten Dienstag 9 – 12 Uhr und Mittwoch 13 – 16 Uhr kann man ohne Termin in der Kleinen Mühlgasse 8 in Gießen vorbeikommen. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich.

Die BeKo und der Pflegestützpunkt sind seit vielen Jahren zentrale und erste Anlaufstellen zum Thema Pflege in Stadt und Landkreis Gießen. Pflegebedürftige, Hilfsbedürftige und ihre Angehörigen erhalten kostenfrei umfangreiche Informationen, Beratung und Hilfestellung zum Thema Alltagsbewältigung, zur wohnortnahen Versorgung und Betreuung sowie zur Inanspruchnahme von Leistungen.

3 COMMENTS

  1. Was ich bedenklich finde ist bei der in meinen Augen irreführenden Verwendung des Begriffes Nachbarschaftshilfe für eine bestimmte Art des Mini – Jobs, dass hier eine der letzten Lebensbereiche ausserhalb des Geldes dem mehr oder weniger gnormten Kapitalinteresse geöffne werden soll. Oder anders: Sollte sich diese Form der “Nachbarschaftshilfe” flächendeckend durchsetzen; wer ist dann noch bereit ohne jegliche finanziellen Interessen Mitbürgern in der Nachbarschaft zu helfen?

  2. Es gibt sie noch die “echte” Nachbarschaftshilfe im Gegensatz zu dem im Artikel als solchen bezeichneten Minijob (ohne staatlichen – oder Sozialversicherungsabgabe). Hier wird mit einem falschen Begriff gearbeitet. Es mag ja sein, dass die Mini-Job-Annehmer in der Regel aus der räumlichen Nachbarschaft kommen (ist ja auch logisch, denn bei den paar Kröten sind ja keine Fahrtkosten drin), aber “echte” Nachbarschaftshilfe ist grundsätzlich ohne jegliche finanzielle (Gegen) Leistung. Eben: ich helfe dir und bei Gelegenheit hilftst du mir! (Meist in der Form, dass nicht eine bestimmte Stundenzahl gerechnet wird, sondern lediglich die jeweilge Bereitschaft zur Hilfestellung beachtet wird.)

    Kleiner Querverweis: Z.B: gibt es neben der mehr oder weniger spontanen nachbarschaftliche Hilfestellung auch noch Gruppen, welce sich zum Tausch von Dienstleistungen zusammen tun; wie etwa seit etwa über 20 bis 30 Jahren die Tauschringe).

  3. Danke für die Einstellung dieses Artikels.

    Im Artikel steht:

    (….) Nachbarschaftshilfe ist ein echtes Zukunftsthema. (…..)

    Ein wahres Wort. Bei der immer schneller sich entwickelnden Massenarmut in der heutigen BRD gelingt es bis weit in den unteren Schichten der Mittelklasse immer weniger Menschen so viel Geld zurück zu legen um – meist ungeplante / unerwarteten – notwendigen Dienstleistungen von diversen Anbietern zu bezahlen. D.h. die Aussage des Artikeleinstellers, dass bestimmte Dienstleistungen nicht von darauf spezialisierten Unternehmen angeboten werden ist grundfalsch. Im Kapitalismus ist Alles zu kaufen. Besteht aber nur wenig Nachfrage, dann kann es sei, dass der Einkauf von bestimmten Dienstleistungen eben teuer ist, weil der einzelne Kapitalist noch nicht den Einsatz rationalisiert hat. (Kommt die Anfrgae öfters wird es in der Regel billiger.)

    D.h. wenn eine Pflegekasse für bestimmte Leistungen erbracht von Nichtkapitalisten (von Nachbarn) Geld rausrückt, dann deswegen weil das eben (noch) billig ist.

Hinterlasse eine Antwort