„Zweifellos ist das Ohr die verletzlichste Stelle des Homo Sapiens“ (Erwin Koch, 1922)
Zum Thema Hören gibt es zahllose Zitate, Abhandlungen und Geschichten. Wie wichtig diese Funktion des menschlichen Körpers im täglichen Leben ist, merkt man allerdings meistens erst, wenn man sie zeitweise oder sogar ganz verliert.
Zum Glück gibt es in der heutigen Zeit technische Hilfsmittel (u.a. Hörgeräte oder Cochlea Implantate), die das Hören unterstützen bzw. wiederherstellen können. Insbesondere im Bereich Cochlea Implantat (kurz „CI“) ist der Bekanntheitsgrad leider sehr gering, wodurch eine unnötig große Zahl an hochgradig schwerhörigen oder tauben Menschen nicht in den Genuss des (Wieder-) Hörens kommt.
Es gibt Schwerhörigkeiten, die so stark ausgeprägt sind, dass sie mit einem herkömmlichen Hörgerät nicht mehr versorgt werden können. Sowohl bei Kindern mit einer angeborenen Schwerhörigkeit als auch bei Erwachsenen kann dann oft ein Cochlea Implantat (CI) helfen, hören zu lernen. Schon heute hören etwa 40.000 Bundesbürger mit einem CI; davon sind ca. 40% Kinder.
Wenn die Funktion des Innenohrs (auch Schnecke oder griechisch Cochlea) gestört ist, entsteht eine Innenohrschwerhörigkeit bis hin zur Taubheit. Normale Hörgeräte können eine hochgradige Innenohrstörung nicht immer ausreichend ausgleichen. Ein CI (auch Hörimplantat genannt) dagegen ist eine elektrisch betriebene Innenohrprothese. Es muss mittels einer Operation in das Ohr eingesetzt werden und übernimmt dort die Funktion des Teils im Innenohr, welcher die Impulse an den Hörnerven weiter gibt. Diese Impulse rufen im Hörzentrum des Gehirns den Höreindruck hervor. Geräusche und Sprache können dank des CI dann wieder gehört und im Idealfall auch wieder verstanden werden.
Die ersten Entwicklungen zum CI fanden in den 1970er Jahren statt. Das erste CI in Deutschland wurde dann 1984 von Prof. Dr. Dr. Ernst Lehnhardt (Medizinischen Hochschule Hannover) eingesetzt. Nach der Operation beginnt ein längerfristiger Prozess, in dem das CI schrittweise an die individuellen Hörsituationen angepasst wird. In einem umfassenden Rehabilitationsprozess, der je nach Zentrum ambulant, stationär oder teilstationär erfolgt, bekommt der CI-Träger die Möglichkeit, dank hoch individueller Unterstützung eines multiprofessionellen Teams sein CI so optimal wie möglich zu nutzen.
Pro 1000 Geburten kommen etwa 2 Kinder mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit zur Welt. Dank der Einführung des Neugeborenen-Hörscreenings im Jahr 2006 werden diese Kinder in der Regel früh erkannt. Dies ist extrem wichtig: Wissenschaftliche Ergebnisse zeigen nämlich sehr deutlich, dass je früher die Kinder optimal technisch versorgt sind, um so besser entwickeln sie sich später im lautsprachlichen Bereich. Die Operation wird daher bei Bedarf bereits im ersten Lebensjahr durchgeführt: Die Hörschnecke ist bei der Geburt ausgewachsen, so dass später keine erneute Operation aufgrund von Wachstum durchgeführt werden muss. Auch nach oben sind kaum Grenzen gesetzt: Inzwischen ist es keine Seltenheit, dass sich über 90jährige mit einem CI versorgen lassen, um keine Einschnitte der Lebensqualität aufgrund mangelnder Kommunikation zu erleiden. Mehrere Studien befassten sich bereits mit dem Zusammenhang von Schwerhörigkeit im Alter und Demenz, so dass sich die Fachkräfte auch hier inzwischen sicher sind: Eine frühe optimale technische Versorgung ist die beste Vorsorge. Dies übrigens auch, wenn nur eine Seite ertaubt ist und das Gegenohr noch gut hört.