“Geliebte Kinder” – neues Buch von Maren Müller-Erichsen

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Kennen und schätzen sich seit Jahren: "Lebenshilfe-Grande Dame" Maren Müller-Erichsen und Hessens ehemaliger Ministerpräsident Volker Bouffier. Im Vordergrund zu sehen ist ein Foto von Maren Müller-Erichsen mit ihrem 2021 an den Folgen einer Corona-Infektion verstorbenen Sohn Olaf.

Gießen (-). Zahlreiche Weggefährten, Mitstreiter, Freunde und Vertreter aus Politik und Sozialwesen waren vor Ort, um zu lauschen, zu gratulieren und zu ehren, als Maren Müller-Erichsen kürzlich zur offiziellen und feierlichen Buchvorstellung ihres autobiografischen Werks „Geliebte Kinder“ lud. Der Ort der Veranstaltung, die Sophie-Scholl-Schule Gießen, war von Autorin und dem Adeo-Verlag um Verlagsleiter Detlef Holtgrefe, der auch die Moderation übernahm, gut und symbolträchtig gewählt: Denn die Gießener Schule, die im Jahr 1998 als innovative und später auch als national ausgezeichnete Einrichtung (u.a. Jakob Muth-Preis) an den Start gegangen war, ging in ihrer Entstehung, wie so viele Institutionen und Projekte, ganz wesentlich auf die Initiative Müller-Erichsens zurück.

Die „Grande Dame der Lebenshilfe“, wie die heute 84-jährige Aufsichtsratsvorsitzende der Lebenshilfe Gießen, ehemalige langjährige stellvertretende Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Hessische Landesbeauftragte der Menschen mit Behinderung vielerorts liebevoll und anerkennend bezeichnet wird, hat ein ganz persönliches Buch veröffentlicht: Über den Kampf einer Mutter eines behinderten Kindes, Olaf Müller-Erichsen (*1975), der 2021 an den Folgen einer Corona-Infektion viel zu früh verstarb. Ein Buch über eine Frau, die in ihrem Leben auf zahlreiche Barrieren traf, sich aber niemals mit althergebrachten Strukturen zufriedengab, sondern diese bekämpfte, oftmals überwand und somit in vielen Belangen zu einer Pionierin und Vorkämpferin der Inklusion in Deutschland avancierte. Und dies bereits zu Zeiten, Mitte der 1970er Jahre, als Inklusion für viele Menschen noch ein Fremdwort war und die Belange von Menschen mit Behinderung in breiten Gesellschaftsschichten auf Gleichgültigkeit oder sogar Ablehnung stießen.

Grußwort von Volker Bouffier

„Seit rund 40 Jahren bist du Stimme und Gesicht der Lebenshilfe“, betonte Hessens früherer Ministerpräsident und langjähriger Wegbegleiter Maren Müller-Erichsens, Volker Bouffier, in seinem Grußwort. Bouffier, der, ebenso wie die Lebenshilfe-Bundesvorsitzende Ulla Schmidt, dem neuen Buch ein Vorwort geschenkt hat, stellte in seiner Rede die Ausdauer und den Willen Müller-Erichsens – die einst vom Niederrhein als landwirtschaftlich-technische Assistentin am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Gießen (1958-1981) nach Mittelhessen gekommen war, ehe sie sich vollends dem unermüdlichen Kampf für Inklusion und Teilhabe verschrieb – zu Gunsten inklusiver Projekte in den Fokus: „Das zeichnet dich aus, die Beharrlichkeit und den Schwung, andere mitzunehmen und zu begeistern.“

Als Müller-Erichsens Sohn Olaf geboren wurde, sei Inklusion noch kein Thema gewesen. Das habe sich mittlerweile, dank Personen wie Maren Müller-Erichsen, geändert, so der Ministerpräsident a.D.: „Du hast viel für die behinderten Menschen in unserem Land geleistet.“ Ebenfalls hob Volker Bouffier die internationale Arbeit Maren Müller-Erichsens, insbesondere in Israel, wo zahlreiche Inklusionsprojekte angestoßen werden konnten, hervor, ferner ihren tiefen Glauben, der die Autorin in ihrem Werk auch schreiben lässt: „Ich habe Olaf nicht als Unglück empfunden, sondern als Geschenk Gottes.“

Essay von Winfried Kron komplettiert das Werk

Wertschätzung für Maren Müller-Erichsen und Freude über die Veröffentlichung von „Geliebte Kinder“ bekundeten auch Winfried Kron, Referatsleiter im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, sowie Dirk Oßwald, Vorstand der Lebenshilfe Gießen. Kron ist ebenfalls in dem neuen Buch vertreten, nämlich mit einem mehrseitigen Essay mit dem Titel „Hommage an eine Frau, die ihr Leben gänzlich für Menschen mit Behinderung einsetzt – Pionierin, Mitstreiterin und Vorbild“. Dirk Oßwald berichtete in seinem Grußwort von dem bis heute anhaltenden Engagement Müller-Erichsens in der Lebenshilfe Gießen, bei der sie nach wie vor im dichten und wertvollen Austausch mit dem Geschäftsführungsteam steht: „Seit 44 Jahren prägen Sie unsere Organisation und kämpfen für die Rechte von Menschen mit Behinderung – nicht nur in der Region, sondern auch darüber hinaus.“

Abgerundet wurde die Release-Feier durch ein Interview von Adeo-Programmleiterin Sarah Koller mit Maren Müller-Erichsen. Die Autorin berichtete, neben Erfahrungen aus dem Schreibprozess ihres ersten autobiografischen Werks, von den vielseitigen Impulsen für ihr fast 250 Seiten umfassendes Buch, das sich inhaltlich in erster Linie an dem Lebensweg ihres Sohnes und den damit verbundenen Herausforderungen, Barrieren, Kämpfen und Erfolgen orientiert. Angefangen bereits bei der Geburt Olaf Müller-Erichsens, die der damalige Arzt, aufgrund des Down-Syndroms des Babys, mit den menschenverachtenden Worten kommentierte: „Sie haben einen Idioten geboren.“

Mit viel Offenheit und plastischen Erinnerungen berichtete Müller-Erichsen über die widrigen Anfangszeiten nach der Geburt ihres zweiten Kindes: Vom Umgang mit dem Unverständnis von Mitmenschen, von der Suche nach einem Kita-Platz sowie über ihren Mut und ihre Kraftquellen in diesen Jahren, etwa dem harmonischen Geschwister-Zusammenleben ihrer beiden Söhne, worüber sich freilich auch im Buch nachlesen lässt.

Nach wie vor wichtige Mahnerin und Antreiberin für Inklusion

„Mir ist wichtig, dass wir im Kopf haben, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte haben, wie Menschen ohne Behinderung. Wir haben in Deutschland die Behindertenrechtskonvention unterzeichnet, hatten in all den Jahren viele Diskussion im Bund und im Land, aber vieles ist in meinen Augen noch nicht in die richtige Richtung gelaufen. Menschen mit Behinderung müssen Möglichkeiten haben, sich selbst zu vertreten und ihre Wünsche vorzutragen und wir müssen auch hinhören. Wichtig ist, dass Menschen mit Behinderung als Menschen in unserer Gesellschaft so akzeptiert werden, wie sie das wollen“, skizzierte Müller-Erichsen, nach wie vor wichtige Mahnerin und Antreiberin für die Belange der Inklusion, eine wesentliche Triebfeder ihres Buches. Eine weitere ist selbstverständlich die Erinnerung an ihren Sohn Olaf, dem das Werk auch gewidmet ist und von dem sich auch eigene Schriftstücke auf den lesenswerten Seiten wiederfinden.

„Geliebte Kinder“ von Maren Müller-Erichsen, samt Essay von Winfried Kron, ist im Adeo Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich (20 Euro | ISBN-13: 978-3863343484).

Blick in die gut besuchte Aula der Sophie-Scholl-Schule Gießen: Sarah Koller, Programmleiterin des Adeo-Verlags, führt ein Interview mit der Autorin Maren Müller-Erichsen.
Seit Mitte März im Buchhandel: “Geliebte Kinder” von Maren Müller-Erichsen.
Lebenshilfe Gießen
Die Lebenshilfe Gießen e.V. ist ein gemeinnütziges Unternehmen und begleitet über 3000 Menschen mit und ohne Behinderung in ein selbstbestimmtes Leben.