Der kleine Benjamin

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Der kleine Benjamin
(Eine Weihnachtsgeschichte)

Draußen im Wald inmitten der vielen Bäume die dort standen gab es einen kleinen freien Platz und auf diesem lebten dreizehn Tannenbäume. Sie waren verschieden groß. Am größten war Opa Tannenbaum, denn er war der erste der hier seine Wurzeln in die Erde schlug. Irgendwann kam Oma Tannenbaum und die kleine Familie wuchs und wuchs. Die Samen der Tannenzapfen wurden von den Eichhörnchen in der Erde vergraben als Notration wenn der Hunger kam. Diese Samen wurden meistens von den Tierchen aus vergesslichkeit nicht wiedergefunden und so keimten aus den Samen kleine Tannenpflänzchen.
Somit wuchs mit der Zeit Papa und Mama Tannenbaum auf und die kleine Kinderschar die noch folgte wuchs von der Sonne beschienen zu stattlichen Tannenbäumen an. Der kleinste von ihnen, der Benjamin, stand in der Mitte und schaute nach oben in die Runde und fühlte sich geborgen in seiner Tannenwaldfamilie.
Er sagte zu sich, irgendwann werde ich genauso groß sein wie Mama, Papa, Oma und Opa. Mit seinen Geschwistern hatte er ein herzliches Verhältnis und alle hatten ein grünes Kleid an. Hier kann uns nichts passieren hat der Opa immer gesagt, denn unsere Wurzeln stecken tief in der Erde und halten uns fest. Der kleine Benjamin hörte von Frühjahr bis Herbst die Vögel singen, die Mücken umsummten ihn und als es kalt wurde streckte er seine Pfahlwurzel noch tiefer in die Erde und es war ihm wohlig, denn sein grünes Kleid schützte ihn. Eines Tages aber als das Licht des Tages immer kürzer wurde hörte er plötzlich helles Kinderlachen und eine tiefere Stimme sagte, so ihr beiden jetzt sucht euch mal einen schönen Baum aus zum Weihnachtsfest. Der kleine Benjamin fragte sich was das wohl ist ein Weihnachtsfest und er fragte seine Geschwister ob sie ihm das erklären könnten, die Geschwister aber wussten auch nicht was das bedeutete und schüttelten wie Mama und Papa, Oma und Opa ihre Tannenästchen.
Das Kinderlachen blieb dann bei ihm stehen und sie riefen Papa komm her, der hier ist schön, den nehmen wir. Benjamin wusste gar nicht wie ihm geschah als er die scharfen Zähne der Säge an seinem Stamm spürte und wie sie sich in ihn hineinfraßen, er glaubte jetzt werde ich
hinaus, er schaute noch mal zurück und Trauer kam in sein hölzernes Herz.
Benjamin wurde auf das Dach eines Autos fest geschnallt, aber er wusste ja nicht was ein Auto ist, im Wald hatte er so etwas noch nie gesehen. Der Fahrtwind pfiff in sein Geäst, dass ihm schwindelig wurde, doch sein Nadelkleid behielt er an. Dann wurde er nach oben getragen und auf einem Balkon in einen Eimer mit Wasser gestellt wo der kühle Nachtwind ihn leicht frösteln ließ. Mama, Papa wo seid ihr ich habe Angst und das Wasser im Eimer gefror in dieser Nacht zu Eis. Nach ein paar Tagen des frierens wurde er dann hinein ins Warme geholt. Was werden Sie jetzt mit mir vorhaben fragte sich der kleine Benjamin, dann wurde er erneut gepackt und in so ein rundes Ding mit einer viereckigen Platte gesteckt, drei Schrauben bohren sich in seinen Leib.
So wurde er festgehalten und konnte auf einmal wieder stehen. Die beiden Kinder die im Wald gesagt haben, den nehmen wir, umtanzten ihn und dann wurden ihm bunte Kugeln, silbriges Glitzerzeug, bunte Lichter kamen auf seine Zweigenarme und auf seine etwas gekürzte Tannenspitze kam etwas spitzes als neue Krönung draufgesetzt.
An einem Arm hing ein kleines goldenes Glöckchen, das hell ertönte als es zur Probe geläutet wurde. So geschmückt stand er da und als die Lichter leuchteten glänzte er wie er noch nie geglänzt hatte. Ach wenn das doch Mama und Papa, Oma und Opa und meine Geschwister sehen könnten was für ein herrliches Kleid ich nun bekommen habe, da lass ich doch gleich meine Tannennadeln nach Tannennadelduft duften. Das also ist ein Weihnachtsfest dachte sich der kleine Benjamin aus der Tannenschonung und freute sich nun doch, dass er ausgesucht wurde. Prachtvoll hergerichtet wie jetzt hatte er bald seine Tannenbaumfamilie vergessen, es gab ja auch soooo viel zu sehen und als noch bunte Päckchen ihm zu Fuß gelegt wurden, da dachte er Geschenke gibt’s auch noch.

Am nächsten Tag schellte das Glöckchen und er sah ein lichtumflutendes Mädchen mit goldenen Flügeln und strahlend gelocktem blonden Haar mit einer güldenen Krone auf dem Kopf, das war das Christkind.
So schnell wie die Türe zum Weihnachtszimmer geöffnet wurde verschwand es husch, husch durch das geöffnete Fenster und nur noch die Kerzen leuchteten auf den Zweigen, brachen sich strahlend in den bunten Kugeln.

Aus dem kleinen Benjamin, dem kleinen Tannenbaum wurde ein wunderschöner Weihnachtsbaum und wenn man genau hinsah, dann sah man eine wenig hängengebliebenes Engelshaar zwischen den Zweigen schimmern.
Fröhliche Weihnachten

Christoph Westrupp
Ein Fotograf und Geschichtenerzähler