Man sieht den Bedarf, nochmal konkret darzulegen, dass die Verantwortlichen des Verkehrswesens im Bezug auf dem Umleitungsfahrplan auf Ganzer Länge versagt haben. Damit einhergehende Aspekte werden zusätzlich genannt. Solch ein unwürdiger Ausnahmezustand darf sich nicht wiederholen. Hier sind die 19 Punkte allesamt gelistet.
Punkt 1:
Uns ist klar, dass die Sperrpause im Sommer 2022 nicht ohne Vollsperrung erfolgen kann. Die Maßnahmen erfordern umfangreiche Veränderungen in elementaren Baukörpern des Streckenverlaufs. Dazu muss auch der technische Betrieb, insbesondere der Strom komplett abgeschaltet werden. Der PRO BAHN Landesverband Hessen hat daher vollstes Verständnis dafür, dass der Schienenpersonenverkehr vom 09.07. bis 04.09. ausschließlich über die Möglichkeit des Umleitungsverkehrs abgewickelt wird.
Punkt 2:
Die nun im Betrieb befindlichen Baustellenfahrpläne der Zeiträume 13.06.-08.07. sowie 09.07.-04.09.2022 für die Main-Weser-Bahn stellen jedoch ein absolutes Desaster dar. Wer sich so etwas ausgedacht hat, der versündigt sich nicht nur an allen regelmäßigen Fahrgästen, sondern auch an unserer gesamten Gesellschaft.
Die Deutsche Bahn-Tochter DB Netz und der Rhein-Main-Verkehrsverbund haben den aktuellen Baustellenverkehr auf der Main-Weser-Bahn zu verantworten.
Punkt 3:
Durch die Resolutionen der Kreistage und der Fahrgastbeiräte des Landkreises Marburg-Biedenkopf und des Lahn-Dill-Kreises, sowie der Stadtverordnetenversammlung Marburg, welche Ende Juni bis Mitte Juli 2022 gefasst wurden, fühlt sich der Fahrgastverband PRO BAHN in seiner Auffassung bestätigt. Sie stoßen in der Kritik an dem Desaster genau in die gleiche Richtung.
Punkt 4:
Inzwischen haben anscheinend auch RMV und DB Regio erkannt, dass die Kapazitäten auf der Umleitungsstrecke über Hanau hinten und vorn nicht ausreichen. Nun wurde zwischen dem RMV und DB Fernverkehr vereinbart, dass mit allen Zeitkarten, mit Ausnahme der 9-Euro-Tickets, man zwischen Friedberg und Frankfurt-Süd die 8 Fahrten je Richtung mit dem ICE ebenfalls nutzen darf.
Punkt 5:
Es ist völlig inakzeptabel, dass lediglich für den Streckenabschnitt Friedberg-Frankfurt/Süd die Mitnutzung durch Nahverkehrs-Zeitkarten erlaubt wird. Die Mitnutzung der ICE-Verbindungen hätte auf dem Abschnitt Marburg-Gießen-Friedberg-Frankfurt/Süd erlaubt werden müssen. Für das eigentliche Kerngebiet Gießen/Marburg/Wetzlar, in welchem über 70% der 1 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner Mittelhessens wohnen, gibt es keinerlei Nachbesserung.
Punkt 6:
Die Mitnutzung des ICE muss bis zum 31.08.2022 auch für das 9-Euro-Ticket gelten, in anderen Bundesländern ist dies auch bereits möglich
Punkt 7:
Menschen in einfachen Arbeitsverhältnissen schreiben den Fahrgastverband PRO BAHN an, weil sie aller Voraussicht nach, ihre Arbeitsplätze verlieren, sie haben durch die Umleitungsverkehre der letzten Wochen deutliche Fehlstunden auf dem Zeitkonten, dies wird sich noch verschärfen und für viele Pendlerinnen und Pendler unzumutbar. Solche prekären Situationen dürfen für Berufstätige nicht entstehen, auch nicht in Tagesrandlagen.
Punkt 8:
Die Grundstruktur dieses Baustellenfahrplans stammt aus dem Jahr 2018. Das es zeitliche Vorläufe bedarf, um so etwas zu organisieren, wird vom Fahrgastverband PRO BAHN natürlich akzeptiert. Anpassungen wegen Corona und anderer gesamtgesellschaftlicher und weltpolitischer Entwicklungen hätten erfolgen müssen.
Punkt 9:
Für den 1. Ausbauabschnitt nach aktuellem Stand letzten längeren Baustellenfahrplan im Sommer 2023 müssen die Strukturen verändert, aus den Fehlern des aktuellen Baustellenfahrplans 2022 gelernt werden.
Punkt 10:
Für den 2. Ausbauabschnitt Bad Vilbel-Friedberg muss das Besprechen im stillen Kämmerlein ein Ende haben. Es bedarf eines begleitenden Organs analog des Beteiligungsforums für Neubau-Schienengroßprojekte schon vom Beginn der Planungsphase bis hinein in die Phase der Umsetzung.
Punkt 11:
Die Einsetzung des unter Punkt 9 genannten Beteiligungsforums für den 2. Bauabschnitt Bad Vilbel-Friedberg wird mit deutlichem Ton eingefordert und dessen Start muss umgehend erfolgen.
Punkt 12:
Teil a:
Was sowohl im aktuellen Baustellenfahrplan, auch bei künftigen Baustellenfahrplänen nicht akzeptiert werden kann ist, dass man den Mittelhessen-Express nicht in die Frankfurter Stadtgrenze hineinfahren lassen möchte, die Züge in Hanau enden und so allein schon 40% der Reisenden von einer akzeptablen Fahrt ausgeschlossen sind. Ein Umstieg in Hanau in die völlig überfüllten und oft deutlich verspäteten RE50/RE51 ist inakzeptabel, ebenso in die anderen langsamen Verbindungen des Regional- und S-Bahn-Verkehrs.
Teil b:
Es wäre besser gewesen, die aktuell aus anderen betrieblichen Gründen ausfallenden RB58 Frankfurt-Maintal-Hanau mit ihren Trassen für die RB40/RB41 vorzuhalten, so dass ein größerer Teil der sog. Mittelhessen-Express-Züge von Dillenburg/Wetzlar und Treysa/Stadtallendorf kommend, auch während der Sperrpause bis nach Frankfurt am Main Hbf. durchfahren kann. Weitere Kompensationen wären möglich gewesen, z.B. einzelne Nahverkehrsfahrten von Aschaffenburg anstelle über Maintal, über Offenbach fahren zu lassen. Die nordmainische Strecke über Maintal bietet jedoch noch einiges an Potential.
Punkt 13:
Die anderen SPNV-Bündel, welche Hanau ansteuern, vollkommen unberührt zu lassen, ist angesichts des deutlich höheren Fahrgastaufkommens völlig inakzeptabel.
Punkt 14:
Hinzu kommen während der Vollsperrung die Probleme des Personalmangels. Schlimmste Auswirkungen, die Sperrung von Stellwerken und ganzen Streckenabschnitten über Tageszeiten hinweg. So etwas war bis vor kurzem nicht vorstellbar und ist nicht akzeptabel. Keine Schuld trifft die Fahrdienstleiter/innen und Lokführer/innen selbst.
Punkt 15:
Die vorhandenen Umleitungsstrecken gehören deutlich ertüchtigt. Nennenswerte Investitionen in die Umleitungsstrecke Friedberg-Hanau ist nicht erfolgt und auch ansonsten nicht weitergehend betrachtet worden.
Punkt 16:
Neben der Umleitung über Hanau hätte schon lange vor Baubeginn des 1. Ausbauabschnitts der Main-Weser-Bahn auch eine zweite Umleitungsstrecke ertüchtigt werden müssen. Mit einer Elektrifizierung Friedberg-Friedrichsdorf wäre es möglich, zumindest alle 60 Minuten einen Regionalzug umzuleiten, welcher sogar neben Friedberg auch Frankfurt-West anfährt. Hier wären sogar langfristige Perspektiven eines flexiblen ÖPNV zu erreichen. Aus Mittelhessen könnten die größten Städte des Hochtaunuskreises, Bad Homburg und Oberursel, umsteigefrei angebunden werden. Die Züge der Main-Weser-Bahn könnten über die gewohnte Gleisachse in den Frankfurter Hauptbahnhof einfahren.
Dass zwischenzeitlich über der A 5 nordwestlich von Frankfurt ein Brückenschaden eintritt, war so nicht voraussehbar gewesen.
Punkt 17:
Die Fakten liegen auf dem Tisch, dass nur ein Ausbau der Gesamtstrecke von Frankfurt bis nach Gießen auf vier Gleise einen wirklichen Schritt zur Verkehrswende bedeuten kann. Dies bedeutet auch, dass so schnell als irgend möglich die ersten vorbereitenden Planungsschritte vollzogen werden müssen, was den Abschnitt Friedberg-Gießen anbetrifft.
Punkt 18:
Für das bevorstehende Desaster tragen leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von DB Netz sowie im RMV die Verantwortung. Seit Jahren befindet sich der RMV-Verbundraum im Ranking der Hiobsbotschaften über Chaos im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf einem der vorderen Plätze. Daher kann, um wirklich eine flächendeckende Verkehrswende zu erzielen, es nur noch mit neuen Personen in Verantwortung gehen, das betrifft Teile der DB und insbesondere den RMV. Leider versteckt sich die Landespolitik seit 25 Jahren hinter der rechtlich selbst herbeigeführten Blockade, selbst nichts entscheiden zu wollen und schieben die Verantwortung an die beiden Verkehrsverbünde RMV und NVV und die sie tragenden Gebietskörperschaften ab. Hessen befindet sich in Sachen ÖPNV in der Selbstblockade von laufendem Betrieb und Investitionen. Wenn die Politik nicht umdenken will, müssen auch hier Konsequenzen eingefordert werden.
Punkt 19:
Es hat, mit Ausnahme des um Jahrzehnte zu spät kommenden viergleisigen Ausbaus bis Bad Vilbel/Friedberg, seit 55 Jahren keinen grundhaften Ausbau mehr in das Schienennetz für die Region Mittelhessen gegeben, sieht man von der Erneuerung von Bahnsteigkanten ab. Mehr als 25 Jahre falsche Strukturen (RMV, Hess. ÖPNV-Gesetz, Ausrichtung des DB-Gesamtkonzerns, schwächelnde weitere Verkehrsunternehmen) sind genug. Für die Verkehrswende und gegen den Klimawandel braucht man innovative Gestalter in solchen Positionen, keine Bremser gegen gesellschaftliche Grundbedürfnisse.
Danke für den Artikel.
Er ist nicht nur gut recherchiert, sondern in seinen Aussagen erfreulich deutlich.
Die Zeiten auf denen vornehm auf die Damen und Herren Politiker Rücksicht genommen werden sollten sind endgültig vorbei. (Ja aller Politiker – übrigens egal welcher Partei, da bekleckert sich keine mit Ruhm!)
In meinen Augen sind weit über 90 Prozent der Politiker – völlig unerheblich, ob auf lokaler, hessenweiter oder Bundesebene) davon völlige Versager. Von fast Nix Ahnung, aber dicke Gehälter, Provisionen, Aufwandsentschädigungen etc. abkassieren.
Ich denke dieses Beispiel zeigt, dass dieser Personenkreis hart abgestraft werden müßte, denn es geht ja nicht “nur” um viele Millionen raus geschmissene Euros aus öffentlichen Kassen (welche die Masse der “Otto Normalverbraucher” durch seine Steuern erwirtschaften “darf” – “unsere ” Reichen zahlen ja bekanntlich sehr wenig Steuern), sondern um die Nerven (und teilweise um Geld aus dem durch die Wahnsinnsinflation sehr schmal gewordenen eigenen Geldbeutel) von Zig-Tausenden OEPNV – Nutzern.
Und wie richtig angemerkt: Wir müssen in dem von diesen Personen zu verantwortenden Klimakatastrophe leben. Nur ein sehr schneller in sich stimmiger Ausbau des OEPNV (bei gleichzeitigen wirkungsvollen Massnahmen gegen den Luftverpester Nr. 1 dem Auto) kann zwar die Katastrophe nicht beenden, aber zumindest deren Auswirkungen etwas mildern.