GERONTOPHOBIE online. Wie wir es machten.

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Am 22.1.22 hat die erste Online-Aufführung von BühnenCLAN e.V. stattgefunden. Das Stück unter dem Namen „Gerontophobie“ (die Altersangst), wurde im Rahmen des Projekts „Neues Russisches Drama – Kritische Auseinandersetzung mit politischen Systemen durch Kultur“ inszeniert und in einem leeren Saal vor Kameras aufgeführt. Eine ganz neue Erfahrung für BühnenCLAN und die Teilnehmer:innen des Projekts. Wie es dazu kam, erzählt der Leiter des Projekts Juanba Ybanez. Er teilte uns seine Geschichte zu diesem Projekt mit:

„Vadim Levanov ist ein in Toljatti, Russland, geborener Dramatiker und einer der führenden Vertreter des so genannten “Neuen Russischen Drama”. Ich hatte das Vergnügen ihn 2009 hier in Gießen zu treffen, nach einer kurzen Theatertournee in Polen, bei der wir zwei seiner Stücke präsentierten. Im folgenden Jahr entdeckte ich in Kazan, Russland, den Text, der uns seit zwei Jahren und bis heute beschäftigt hat: “Gerontophobie”.

In 2018 haben wir in unserem Verein BühnenCLAN begonnen, nach Fördermitteln zu suchen, um dieses Projekt zu realisieren. Das Stück sollte sowohl im Theater, als auch in der Jugendarbeit umgesetzt werden – und das war keine leichte Aufgabe. Schließlich haben wir uns entschieden, eine Bewerbung bei „AktionMensch“ einzureichen. Hier erhielten wir bereits Anfang 2019 eine positive Antwort. Das Projekt war nun also definitiv im Gange. Zunächst einmal ging es an die Übersetzung, da es noch keine deutsche Fassung des Textes gab. Auch die Übersetzerin, Katharina Kappes, kannte den Autor und sein Werk. Sie hatte sogar einen Vortrag über russisches Theater auf einer Konferenz gehalten, die in Zusammenarbeit mit den Universitäten Gießen und Lodz (Polen) an der Universität Kazan stattfand. Eine bessere Übersetzung als sie konnten wir uns also nicht wünschen. Nach der Übersetzung begannen wir im Mai 2019 mit der Zusammenstellung der Gruppe, die im Januar 2020 die Präsentation vornehmen sollte.

Die Proben begannen nach dem Sommer in der Zentrale von BühnenCLAN. BühnenCLAN ist ein Verein, der die Entwicklung der darstellenden Künste in Gießen und Umgebung fördern will. Dafür bemüht sich der Verein um finanzielle, technische und personelle Unterstützung für die Durchführung künstlerischer Projekte aller Art, sei es Erwachsenentheater, Konzerte, Workshops oder Kindertheater. Schauspieler und Schauspielerinnen, Musiker, Ton- und Lichttechniker und sogar Video sollten auf der Bühne erscheinen.  

Und das erste Unglück ereilte uns: Der Vater des Hauptdarstellers verstarb leider wenige Wochen vor der Premiere. Unter diesen Umständen war es unmöglich, das Stück aufzuführen. Wir mussten die Premiere aussetzen und auf Juni 2020 verschieben und nach einem neuen Schauspieler als Ersatz für ihn suchen. 

Im Januar und Februar haben wir trotz der Verschiebung der Premiere die mit dem Projekt verbundenen Workshops durchgeführt. Wir stellten den Teilnehmer:innen die Theaterkunst vor und stellten Ihnen die Fragen: “Was bedeutet Levanovs Text im Kontext unserer deutschen Gesellschaft? Passiert hier das Gleiche, wie es das Stück zeigt?“ Bei der Gerontophobie geht es darum, den Verlust der russischen Werte anzuprangern. Diese Werte werden in dem Stück durch ältere Menschen und die Menschen (Behinderte, Ausländer), die sich nicht an die gesellschaftlichen Normen halten, repräsentiert. Diese Anprangerung wird auf grausame und unbarmherzige Weise dargestellt – so sehr, dass einige Leute, die ursprünglich mit uns auftreten wollten, nach dem Lesen vom Text aufgegeben haben.

Und im März 2020 dann die Katastrophe.

Keine Möglichkeit zu proben, alles wieder ausgesetzt. Und das Schlimmste war, dass wir nicht wussten, wann wir sie wieder den Betrieb aufnehmen konnten. Im Laufe der Monate, mit Versuchen von Online-Treffen, nach einer erneuten Verlegung des Premierentermins in Absprache mit Aktion Mensch, der wir zu danken haben, dass sie uns immer zur Seite stand, begannen Enttäuschung und Entmutigung unsere Gruppe zu belasten. Wir hatten jedoch einen neuen Termin: Dezember 2021.

Jetzt schwirrten die verschiedensten Kombinationen für die Therateraufführung in unseren Köpfen herum: „vielleicht in einem offenen Raum?…“ “in einem geschlossenen Raum, aber sehr groß und mit einem kleinen Publikum?“ “nur virtuell?..“. Wie niemand sonst wussten auch wir nicht, was passieren würde und unter welchen Bedingungen eine Aufführung möglich sein würde – wegen dieser Katastrophe namens Covid-19, derzeit Variante Omicron. Aber wer weiß, wie die neue Variante heißen wird, wenn Sie diesen Artikel lesen – wir hatten also keine Gewissheiten und viele Ungewissheiten. Auf jeden Fall musste die Show weitergehen, und wir sind mit einem Schlimmstfall-Szenario gestartet: Ende November waren die Shows nur unter den 2G-Kriterien möglich und im Dezember nur unter 2G+. Aber wir wollten weitermachen. Im Dezember hatten wir endlich einen Termin… den wir absagen mussten, weil das Baby einer unserer Schauspielerinnen erkrankte. Neues Datum, 8. Januar. Einer unserer Kollegen wurde positiv getestet. Neue Verzögerung, 22. Januar.

Und schließlich die Premiere. Virtuell. Ohne Publikum. Aber die Premiere.

Endlich.   

P.S.: Ich kann nicht umhin, die Personen zu erwähnen, die auf die eine oder andere Weise an diesem Abenteuer, der Inszenierung von Vadim Levanovs Gerontophobia, beteiligt waren: Katharina, Jakob, Odilie, Bárbara, Wolf, Sascha, Teresa, Jeanne und Amin. Danke, dass ihr trotz der Umstände und trotz der Entmutigung immer noch hier seid.

Bühnen CLAN
Für die Entwicklung der darstellenden Künste in und um Gießen. Finanzielle, technische und personelle Unterstützung für die Durchführung künstlerischer Projekte aller Art.

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