Pohlheim/Berlin (-). Rund 300.000 Frauen und Männer mit Beeinträchtigung arbeiten bundesweit in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) und erhalten ein monatliches Entgelt von durchschnittlich 210 Euro. „Das ist nicht mehr als ein Taschengeld“, sagen Maren Müller-Erichsen (Aufsichtsratsvorsitzende Lebenshilfe Gießen) und Dirk Oßwald, Vorstand der Lebenshilfe Gießen anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai.
Ferner ergänzen Müller-Erichsen und Oßwald unisono: „Auch wenn Menschen mit Beeinträchtigung zusätzlich Sozialleistungen bekommen, empfinden sie ihren Lohn als viel zu niedrig und höchst ungerecht. Sie haben einen besseren Lohn verdient. Schließlich gehen die meisten von ihnen wie alle anderen fünf Tage die Woche zur Arbeit.“ Die Lebenshilfe Gießen setzt sich daher schon lange für eine Reform des Entgeltes in Werkstätten ein.
Das bestehende System ist vielschichtig und steht immer in Wechselwirkung mit staatlichen Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung. Dies macht es Beschäftigten und ihren Angehörigen schwer, die Entlohnung in der WfbM nachzuvollziehen. Ebenso wie die Bundesvereinigung der Lebenshilfe fordert die Lebenshilfe Gießen, Einkommensmodelle so weiterzuentwickeln, dass Werkstattbeschäftigte von ihrem Entgelt leben können und nicht auf weitere existenzsichernde Leistungen angewiesen sind. Auch soll das Entgeltsystem gut verständlich und transparent sein.
Die Lebenshilfe Gießen begrüßt, dass der Bundestag mit dem kürzlich verabschiedeten Teilhabestärkungsgesetz die Bunderegierung aufgefordert hat, so zeitnah wie möglich gesetzliche Anpassungen zur Neugestaltung des Entgeltsystems umzusetzen. Bereits während des laufenden Forschungsvorhabens der Bundesregierung zum Entgeltsystem soll an einem entsprechenden Konzept gearbeitet werden. Die Lebenshilfe Bundesvereinigung begleitet das Forschungsvorhaben durch einen Sitz in der Steuerungsgruppe.
Für mehr gleichberechtigte Teilhabe: Jährliche Protestaktionen am 5. Mai
Der Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai entstand im Jahr 1992 auf Initiative der Nichtregierungsorganisation Disabled Peoples’ International. Seither finden an diesem Tag europaweit Demonstrationen und Aktionen gegen die Diskriminierung und Benachteiligung von Menschen mit Behinderung statt. In Corona-Zeiten verlagern sich diese Protestmaßnahmen vor allem in die digitale Welt.
Jährlich steht der Protesttag unter einem bestimmten Motto, 2021 lautet dieses „Deine Stimme für Inklusion – mach mit!“. Die Lebenshilfe Gießen schließt sich diesmal einer Social Media-Maßnahme der Aktion Mensch an und motiviert dazu, ein sogenanntes Visual (Download unter www.aktion-mensch.de) mit dem Hashtag #5.Mai auf beispielsweise Facebook, Instagram oder Twitter zu posten. Beim jeweiligen Post zugunsten der Inklusion kann man auch seine eigenen Erfahrungen zum Thema Inklusion darstellen oder die eigenen konkreten Wünsche und Forderungen für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen formulieren.