Wenn wir unseren Kleiderschrank öffnen, wundern wir uns oft. Meist ist er voll und wir finden doch nichts zum Anziehen darin. Machen wir uns doch einfach mal Gedanken über das Wunder Kleiderschrank. Unsere Kleiderschränke sind heute auf die Bedürfnisse ihrer Besitzer angepasst. Passgenau in eine Dachschräge oder von Wand zu Wand eingebaut, individuelle Einteilungen, selbst Farbe und Materialien können sehr unterschiedlich sein. Der Kleiderschrank von heute ist modisch, funktionell und doch kein Prestigeobjekt. Seit wann kennen wir dieses Möbelstück? Der Kleiderschrank kam erst spät in unsere Wohnräume. Erst im Mittelalter stellten Schreiner die damals üblichen Truhen auf die Seite und gaben ihnen Füße. Im 13. Jahrhundert n. Chr. begann die Geschichte des Kleiderschrankes. Damals konnte man am Truhenschrank bereits sehen ob der Besitzer vermögend war. Die Schränke der Wohlhabenden waren aus massiven Harthölzern und durch Schnitzereien verziert. Die einfachen Menschen hatten Truhen aus Weichhölzern, die durch aufwändige Malereien geschmückt wurden. Aus diesen Weichholztruhen entwickelten sich die Bauernschränke. Diese Schränke und Truhen wurden sogar zur Schau gestellt. Bei der Hochzeit einer Bauerntochter wurde die Aussteuer auf einem Wagen fein säuberlich gestapelt. Man wollte zeigen was die Braut mitbrachte, das sie eine gute Partie war. Die Magd hatte auch ihre Aussteuerthruhe, in der sie ihr gesamtes Hab und Gut verstauen musste. Diese Gesindetruhen kann man heute in vielen Heimatmuseen bewundern.
Verspielt und aufwändig gearbeitet wurden die Schränke um das 15. Jahrhundert. Einfache Weichhölzer wurden aufwändig mit Edelhölzern belegt. Die Schreiner gestalteten mit den unterschiedlichen Holzarten wunderbare Bilder auf den Schranktüren. Intarsienarbeiten und Elemente aus der Architektur bestimmten nun das Bild der Schränke, nicht selten mit Geheimfach. Eine wunderbare Ausstellung zu Schränken dieser Zeit gibt es in Wetzlar zu sehen. Die Ärztin Lemmers-Danforth hat mit viel Liebe diese Möbel gesammelt und ausgestellt.
Im Rokoko, also um 1750 wurden die Schränke dann sogar innen mit Stoff bezogen oder tapeziert. Technische Spielereien durften nicht fehlen. Ein für die damalige Zeit eher schlichter Schrank war der Frankfurter Wellenschrank, auch Frankfurter Nasenschrank genannt. Wuchtig, mit Kugelfüßen und ausgeprägten Deckel und Bodenelementen ist dieser Schrank heute noch ein Hingucker. Man kann besonders schöne Exemplare im Historischen Museum Frankfurt sehen. Diese Schränke befanden sich in den Haushalten von reichen Bürgern und Kaufleuten.
In der Zeit der Industrialisierung, also um 1900, änderten sich die Kleiderschränke erneut in ihrem Aussehen. Schlichte Eleganz und weniger Prunk und Gloria auf den Möbelfronten bestimmten den Möbelstil des Biedermeier. Im Inneren findet man noch immer die Geheimfächer und die ein oder andere Intarsienarbeit. Der Kleiderschrank verschwand jedoch in dieser Zeit in den Schlafzimmern, nur noch sichtbar für den Besitzer. Nach 1920 findet man fast nur noch Kleiderschränke, die funktionell ausgerichtet waren. Die Zeit unserer modernen Einbaukleiderschränke und der Massenware begann.