1940 wurde das KZ Münchmühle erbaut. Die Namensgebung leitet sich von der in der Nähe gelegenen Mühle ab, entlang des Münchbachs, zwischen Kirchhain und Neustadt im heutigen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
In diesem Lager verbrachten Menschen aus unterschiedlichsten Nationalitäten viele Monate. Im August 1944 wurden 1000 jüdische ungarische Frauen aus Auschwitz-Birkenau in die KZ Außenstelle Münchmühle gebracht. In der Rüstungsindustrie gab es einen enormen Arbeitskräftemangel, und so mussten in Allendorf (das heutige Stadtallendorf) auch diese 1000 Frauen in den Sprengstoffwerken Bomben für die Wehrmacht befüllen. Die Betriebsleitungen der Sprengstoffwerke bemühten sich bei der SS um KZ-Häftlinge, um die Aufträge zu erfüllen, so auch die Allendorfer Fabrik „Verwertchemie“. Die Arbeiten der Frauen waren dort Erdarbeiten, Abfüllen von Bomben und Granaten, sowie der Einsatz in Schneiderei und Wäscherei. Dort wurden 24 Stunden in drei Schichten gearbeitet. Die SS ließen sich die Arbeitskraft der Frauen gut bezahlen. Von August 1944 bis Februar 1945 zahlte der Rüstungsbetrieb rund 650.000 Reichsmark. Die Firmenleitung soll mit der Arbeitskraft der Frauen sehr zufrieden gewesen sein. So befüllten die jüdischen Frauen zur vollsten Zufriedenheit die 50 kg Bomben und 15 cm großen Granaten. Die Arbeitsbedingungen in diesen Fabriken waren eine der schlimmsten, die Gesundheit aufs äußerste gefährdet. Fingernägel, Haare und Haut der Frauen verfärbten sich gelb, was lebenslange gesundheitliche Probleme zur Folge hatte.
Am 27.10.1944 wurden fünf Frauen wegen einer Schwangerschaft wieder in das KZ Auschwitz-Birkenau zurückgeführt. Aufgrund der Arbeitsbedingungen verstarb am 8.11.1944 eine Frau im KZ Münchmühle.
Durch das heranrücken der amerikanischen Truppen wurde am 27.3.1945 das Lager Münchmühle geräumt. Die Frauen wurden versorgt, bei Familien und in öffentlichen Gebäuden untergebracht, bis die Rückführung in die Heimat oder in ein anderes Land organisiert war.
Zu den 1000 Frauen, welche im August 1944 in die Münchmühle gebracht wurden, waren auch Hajnal und Erzsebet. Hajnal wurde am 8.10.1915 in Ungarn geboren, und am 14.6.1944 in das KZ Auschwitz-Birkenau gebracht. Erzsebet wurde am 14.8.1911 auch in Ungarn geboren, und am 7.7.1944 im KZ Auschwitz-Birkenau inhaftiert. Von der Außenstelle Münchmühle wurden beide Frauen am 20.10.1944 in das KZ Buchenwald gebracht. Sie werden im Gegensatz zu den verbliebenen Frauen in der Münchmühle das Kriegsende wohl nicht mehr erlebt haben.
Die heutige Gedenkstätte Münchmühle am Rande von Stadtallendorf wurde 1988 auf dem Grundriss der Waschhalle und der Küche errichtet. Die Zäune aus Stacheldraht sind drei Meter hoch, man fühlt sich bei einem Besuch dort eingesperrt, wie es auch all die Häftlinge gefühlt haben müssen, nur wir können den Ort gleich wieder verlassen.
Die Namen auf den Gedenksäulen sind stellvertretend für alle Inhaftierten in diesem Lager.
Von Hajnal und Erzsebet erfuhr ich durch die Eingabe der Daten auf den Häftlingskarten bei „Jeder Name zählt“
https://enc.arolsen-archives.org/ueber-everynamecounts/?gclid=EAIaIQobChMImPGwn4uZ8AIVhKZ3Ch30RQSKEAAYASAAEgI-rPD_BwE
Auch ein sehr interessanter Bericht. Man bekommt da wirklich etwas Gänsehaut, besonders im Herbst. Ein kleiner und gerade deshalb auch wichtiger Ort des Gedenkens. Die Gefangenenlager waren eben nicht weit weg. Es geschah meist in der Nachbarschaft.
Die Katalogisierung der digitalisierten Daten des Arolsen Archivs ist ein Meilenstein für die Erforschung der Geschichte der Verfolgten des Faschismus, insbesondere der Zwangsarbeiter. Find ich gut, dass Du da mitmachst!