Buderus-Zwangsarbeiter Carlo Rota, erschossen wegen Kartoffeldiebstahl.

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Foto: Gio la Gamb

Nachdem Italien dem faschistischen Deutschland angesichts der sich abzeichnenden militärischen Niederlage am 8. September 1943 die Gefolgschaft aufgekündigt hatte, nahm die Wehrmacht daraufhin 650 Tausend italienische Soldaten fest und setzte sie als Zwangsarbeiter in Deutschland und den besetzten Gebieten ein. Am 2.10. 1943 trafen die ersten Italiener bei Buderus Lollar, dem bedeutendsten Rüstungsbetrieb unserer engeren Heimat ein; insgesamt verzeichnen die nach dem Krieg auf Anforderung der amerikanischen Militärverwaltung erstellten Listen 362 italienische Zwangsarbeiter bei Buderus Lollar. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits hunderte von französischen Kriegsgefangenen und sogenannten Ostarbeitern, unter diesen viele junge Frauen, zu Buderus zur Zwangsarbeit verschleppt worden.

Diese Menschen waren in Lagern, dies sich im Anschluss an das Werksgelände, zwischen Bahnlinie und Lahn befanden, unter miserablen Bedingungen untergebracht. Die Ernährung war unzureichend, der Arbeitstag lang, die Schwerstarbeit hart. Die genaue Zahl der Lollarer Opfer, die das nicht überlebten, ist nicht mehr feststellbar, bisher hat sich noch niemand die Mühe gemacht, diese auch nur zu schätzen und die noch zu ermittelnden Toten zu benennen, es waren nach aktuellem Erkenntnisstand über 25.

Einer von diesen war Carlo Rota. Carlo war geboren am 15. November 1920, in Almenno San Bartolomeo, in der Nähe von Bergamo. Nach Angaben seiner Schwester Cecilia wurde er in Albanien in der Nähe von Pristina von den Deutschen festgenommen und nach Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt. Wann er genau nach Lollar kam, ist in den Listen nicht verzeichnet. Als die „Militärinternierten“ zu „Zivilarbeitern“ erklärt wurden, am 1. September 1944, war er jedenfalls bereits in Lollar, wie das Mitgliederbuch der Buderus Betriebskrankenkasse ausweist.

Der Hunger trieb die Zwangsarbeiter immer wieder dazu, sich nach einer Ergänzung der Kost umzusehen, um ihr überleben zu sichern. Der Lollarer Nazi-Bürgermeister organisierte eine „Landwacht“ und die Lollarer SA stellte einen „Flurschutz“ auf, die Felddiebstähle verhindern sollten. Am 22. September 1944 ging der Leiter der Lollarer SA, Bäckermeister Theodor Beckel auf Streife, in der Nähe der Baracke der Italiener beobachtete er, gemeinsam mit einem weiteren Lollarer Nazi drei Zwangsarbeiter, die in Richtung eines Kartoffelfeldes verschwanden. Auf einen Warnschuss hin stellten sich zwei Italiener, einer, Carlo Rota versuchte sich zu verstecken. Als Beckel ihn aufstöberte, versuchte Carlo zu fliehen, worauf Beckel ihn von hinten mit einem Lungendurchschuss zur Strecke brachte.

Die beiden Nazis ließen den Verblutenden auf dem Acker liegen und gingen ins Dorf, „um die Polizei zu holen“. Carlo Rota verstarb noch in derselben Nacht, seine Kameraden trugen ihn noch in die Unterkunft, konnten ihn aber nicht mehr retten.

Bis es zu einem Prozess in dieser Angelegenheit kam, vergingen noch mehr als acht Jahre. Die Tat blieb vor dem Gießener Schwurgericht völlig ungesühnt: aus Mord machte man „schlimmstenfalls fahrlässige Tötung“ und stellte das Verfahren wegen Verjährung ein.

Carlo Rota wurde nur 23 Jahre alt. Sein Landsmann Giacomo Zadra verstarb 1944 mit 50 Jahren in Lollar an „Herzschwäche“, ebenso wenig überlebte der Italiener Romeo Fantin die Zwangsarbeit, er wurde nur 34 Jahre alt und starb im Januar 1945 an Tuberkulose, als Folge von Schwerstarbeit bei Hungerkost und Unterbringung unter unsagbaren hygienischen Verhältnissen.

Almenno San Bartolomeo, Anfiteatro. (Foto: Gio la Gamb)

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